„Empörung“ von Philip Roth

Während des Koreakriegs beginnt Marcus Messner – ein jüdischer Metzgersohn aus Newark – sein Studium an einem abgelegenen und sehr konservativen College in Ohio. Das College wählt er, weil es weit genug von zu Hause entfernt liegt. Sein Vater ist in übermäßiger Sorge um seinen Sohn und entwickelt eine Paranoia, die keine Grenzen zu kennen scheint. Das ländliche College bringt wenig Veränderung, Marcus steht unter ständiger Aufsicht. Beharrlich hält er an seinen Ansichten fest und tritt für seine Rechte ein. Dieser Roman stellt eindrücklich die Moral der amerikanischen Gesellschaft der 50er Jahre in Frage. Im Hintergrund der Geschichte schwebt subtil der Unterschied zwischen der nicht-jüdischen, christlichen Welt und der jüdischen.

Achtung Spoiler

Empörung wird aus der Ich-Perspektive des jungen Macus Messners erzählt, der bereits in jungen Jahren, im Koreakrieg sein Leben verlor.

„Und selbst als Toten, der ich bin, und zwar seit wer weiß wie lange schon, beschäftigt mich immer noch die Rekonstruktion der Sitten, die damals auf diesem Campus herrschten, ..“

Seite 53

Philip Roth erschafft mit dem Protagonisten eine überzeugende Persönlichkeit. Ein junger Mann, der mutig seinen Weg bestreitet und an falschen Moralvorstellungen seiner Umgebung scheitert. Dem Autor gelingt es seine Sehnsüchte, Ängste und seinen Idealismus gekonnt zu beschreiben.  Über den jungen Männern in Amerika hängt das Damoklesschwert des Koreakriegs und die Angst in einem Schützengraben zu sterben.

„Wir sollten die Welt mit unserer Intelligenz erobern, sagt Russell, und uns nicht nur sklavisch von dem Schrecken, der durch das Leben in der Welt erzeugt wird, unterdrücken lassen. Die ganze Vorstellung von Gott,…,ist eine Vorstellung, die freier Menschen unwürdig ist.“

Seite 94

Die Beziehungen von Markie mit seinen Mitmenschen sind durchwegs kompliziert. Der kontrollsüchtige Vater verliert jeglichen Bezug zur Realität. Seine Mutter versucht die Probleme lange Zeit zu verheimlichen, zerbricht jedoch am Ende  fast an den Zwängen ihres Mannes. Seinen ersten sexuellen Kontakt erlebt der Student mit Olivia, die bereits in ihren jungen Jahren, am Leben gescheitert ist.

Der Vater zerstört durch den Kontrollwahn im Lauf der Geschichte die Familie und sein hart erarbeitetes Geschäft. Die Flucht auf das entlegene College bringt weitere Herausforderungen für den jungen Studenten mit sich. Marcus studiert eifrig, meidet engeren Kontakt zu Kommilitonen und tritt keinen Verbindungen bei. Durch dieses eigenbrötlerische Verhalten, wird der Dekan auf ihn aufmerksam. Kurz darauf findet er sich in dessen Büro wieder. Sein Desinteresse an zwischenmenschlichen Kontakten und sein Fernbleiben von Gottesdiensten missfallen dem Dekan. Anstatt sich zu rechtfertigen, argumentiert der junge Mann vehement und vertritt seine Meinung, hinterfragt übertriebene moralische Prinzipien und bringt sich damit in Schwierigkeiten.

„Ist es falsch, wenn man eine Lösung darin findet, dass man in aller Ruhe weggeht?“ 

„Steht auf! Ihr, die ihr nicht Sklaven sein wollt. Mit unserem Fleisch und Blut lasst uns eine neue Große Mauer bauen!“

Seite 86

„Aber er konnte nicht! Konnte nicht wie ein Kind an irgendeinen blöden Gott glauben! Konnte sich ihre kriecherischen Lieder nicht anhören! Konnte nicht in ihrer heiligen Kirche sitzen! Und die Gebete – versteinerter, primitiver Aberglauben! Narrheit unser, die du bist im Himmel! Die Schändlichkeit der Religion, die Unreife, die Ignoranz, die Schmach dieser ganzen Veranstaltung! Wahnwitzige Frömmigkeit für nichts und wieder nichts!“

Seite 199

FAZIT

Dem Autor gelingt es die Vorstellung von übertriebenen Traditionen und fadenscheinigen religiösen Zwängen gut zu veranschaulichen.

„Forsche nicht in der Familie nach der Ursache, Ma – sieh dir lieber genauer an, was die in Konventionen befangene Welt für unstatthaft hält!“

Seite XY

Eine sprachlich sehr gelungene Erzählung, die mich auch inhaltlich fesseln konnte. Die Diskrepanz zwischen der von allen angepriesenen Freiheit und der gelebten Kleinkariertheit wurde vom Autor eindrücklich thematisiert. Beeindruckend dargestellt sind überdies, die weitreichenden Folgen  zufälliger Aneinanderreihungen von Geschehnissen und Entscheidungen.

Roth versteht es die Geschichte bis ins kleinste Detail auszuleuchten und den Leser am  Untergang des Marcus Messner mit all seiner Traurigkeit teilhaben zu lassen und lässt schließlich die Frage offen wie viel Freiheit das demokratische System zulässt.

(verfasst von Manuela)

Buchinformationen

Philip Roth - "Empörung", Rowohlt, 201 Seiten, ISBN-13: 978-3499254963

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