Eine junge Ziegelstein werfende Frau befindet sich auf einem Dach eines Wohnhauses und verursacht mit der Unwissenheit über ihre nächsten Schritte ein unglaubliches Spektakel. Ihr Schicksal beeinflusst jenes der Passanten, die unterschiedlichst auf die prekäre Situation reagieren und einerseits sogar von dem Leid der jungen Frau profitieren und andererseits ihre Verzweiflung fast schmecken können.
Simone Lappert hat eine sehr wortreiche und gut verständliche Sprache, die ein wunderbares Lesetempo und einen der Spannung des Romans angebrachten Lesefluss ermöglicht. (Man will nämlich so schnell als möglich wissen wie es weitergeht ;)). Die Autorin springt zwischen den verschiedenen Schauplätzen der Geschichte von Protagonist zu Protagonist und sorgt aufgrund der Perspektivenwechsel für eine gewisse Tiefe und Lebendigkeit des Romans.
Die Protagonisten des Romans könnten sich nicht stärker von einander unterscheiden. Neben der Schneiderin im besten Alter, die sich in einer unglücklichen Beziehung befindet und tatsächlich großen Mut und Lebenslust beweist, findet sich der junge Fahrradkurier, der sich seiner Liebe zur jungen Gärtnerin mit jeder Faser seinen Körpers bewusst ist und darin aufgeht. Der unglückliche ehemalige Hutmacher überzeugt durch seine herzliche Art und steht für all jene, die für das täglich Brot einen anderen Beruf wählen mussten und die offenherzige Wirtin heißt alle am Hotspot des Schauplatzes willkommen und lässt auch den sympathischen Obdachlosen und seine Lebensfragen nicht im Stich. Ein Pärchen, das die beste Jahre hinter sich hat darf noch einmal einen (wenn auch) kurzen Frühling erleben und es macht Freude dabei zu sein. Simone Lappert behandelt alle möglichen Schicksale und bringt die Lotterie des Lebens einfach perfekt auf den Punkt – ich liebe die von ihr geschaffenen Charaktere.

Achtung Spoiler
Ich habe mich schon nach den ersten Seiten gefragt was mich an der Situation der jungen (als lebenslustig, etwas verrückt und wenig Schubladen geeignet beschriebenen) Frau stört. Irgendwie passte ihre Entscheidung sich von einem Dach zu stürzen nicht zu Simone Lapperts Beschreibung der Protagonistin Manu. Unweigerlich kam der Gedanke auf, dass sich die verzweifelte junge Frau nicht freiwillig in ihrer schwierigen Lage befindet und vielleicht sogar missverstanden wird. Ich finde es grandios wie Simone Lappert ihre Leser subtil an die Tatsache heranführt, dass Manu nie einen Selbstmord plante, sondern sie der Zufallen auf´s Dach und an den Rande des Wahnsinns führte.

Fazit
Einen Aneinanderkettung von Zufallsbegegnung und Schicksalen sich stark unterscheidender Charaktere, deren Verbindungen zueinander erst nach und nach häppchenweise offenbart werden und den Leser fast nach Auflösung schreien lässt. Man wandelt während der Lektüre zwischen großem Interesse an den nächsten Ereignissen, Ekel an der makaberen Faszination des Leids anderer und Anerkennung für die so vielseitigen Personen und die wunderbar abgestimmten Szenen im Aufbau des Romans.
Zurecht lässt „Der Sprung“ großen Erfolg verzeichnen und hat sich längst zu einem Bestseller entwickelt. Die junge Autorin schreibt intelligent und gewitzt, schafft interessante und facettenreiche Protagonisten mit nicht vorhersehbaren Gefühlsleben und Handlungen und pfeffert ihren Roman noch obendrein mit Überraschungen und Wendungen. Es handelt sich bei „Der Sprung“ um ein faszinierendes und mitreißendes Buch, das man bis zur letzten Seite kaum aus der Hand legen kann. Ich freue mich schon auf das nächste Zuckerl dieser Koryphäe.. 😉
(verfasst von Simone)
-> dieser Titel als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt – Danke an den Diogenes!

Buchinformationen
Simone Lappert - "Der Sprung", Diogenes Verlag, 336 Seiten, ISBN 978-3-257-07074-3
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